Das Walliser Arbeitgeberzentrum

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Die Praxis der Vogel-Strauss-Politik!

Wir sollten uns trauen es auszusprechen: die Weitervergabe von Aufträgen und die Einhaltung der lokalen Arbeitsbedingungen sind nicht vereinbar.

Es vergeht kein Monat, ja nicht einmal eine Woche, ohne dass man in der Presse von einem Dumpingfall und damit zusammenhängender Weitervergabe von Aufträgen lesen muss (siehe auch: Artikel im Nouvelliste vom 20.05.2017 über den polnischen Glaser). Die Sache ist klar! Und doch scheint sich jeder damit abzufinden, solange er den niedrigsten Preis bekommt! Dann wird nach Vogel-Strauss-Manier der Kopf in den Sand gesteckt, um das Problem nicht zu sehen. Ich habe bewusst gesagt, der niedrigste Preis, nicht der vorteilhafteste! Im Baubereich machen sich die handwerklichen Fehler oder die schlechte Qualität der verwendeten Produkte oft erst ein paar Monate nach Abschluss der Arbeiten bemerkbar. Zu diesem Zeitpunkt wird die Suche nach dem wahren Verantwortlichen, der so manches Mal aus dem Ausland kommt, zu einem Ding der Unmöglichkeit. Der Staat, der das so verschriene Gesetz zum öffentlichen Beschaffungswesen praktiziert, geht mit schlechtem Beispiel voran ... wie soll man da vermeiden, dass die privaten Kunden in seine Fussstapfen treten?

Die handwerklichen Berufe im Bausektor haben auf technischem Gebiet, mit Materialien, die sich bewährt haben und verdiente Qualitätssiegel tragen, sehr grosse Fortschritte gemacht, aber wir stellen inzwischen fest, dass auf unseren Baustellen wieder Mängel auftauchen, die es dort nicht mehr gab. So findet man undichte Dächer, verzogene Türen, Fenster, durch die Regen und Kälte dringen, usw. Unsere Handwerker hatten diese Probleme im Griff, aber jetzt machen wir die gleichen Fehler, wie unsere Vorgänger und hören oft die Bemerkung „der Kunde wollte einen niedrigen Preis, jetzt hat er, wofür er bezahlt hat ...“.

Die Folgen daraus sind eigentlich wohl bekannt und werden oft benannt: Das einheimische Unternehmen, das den Auftrag nicht erhalten hat, hat vielleicht ein, zwei oder mehr Mitarbeiter entlassen ... Die jungen Leute aus der Region werden keine Schreiner, Maler, oder Spengler mehr, weil es immer schwieriger wird, angesichts einer mittlerweile gesamteuropäischen Konkurrenz, die ausgebildeten Leute korrekt zu entlohnen.

Man macht es sich zu einfach, wenn man die Schuld einzig auf die Unternehmen abwälzt, die in der Zwickmühle stecken! Sie sind es zwar, die manchmal technische Lösungen finden müssen, die nur noch mit Müh und Not die gesamtarbeitsvertraglichen Anforderungen erfüllen. Aber es sind in erster Linie die Bauleiter, die die Arbeiten vergeben. Sie sind es, die nur allzu oft die Aufträge zum niedrigsten Preis weitervergeben, ohne genauer hinzusehen. Wenn sie die Dienste von professionellen Pseudo-Auftragnehmern oder Generalunternehmen nutzen, schaffen sie zugleich nebulöse Bedingungen (um sich selbst vor Reklamationen zu schützen) und binden diese durch eine Strategie von globalen Preisen, wohl wissend, dass damit die Arbeitsbedingungen nicht eingehalten werden können. Die Bauherren müssten sich dessen umso mehr bewusst sein, als die Pseudo-Auftragnehmer, oder die Generalunternehmen, die selbst auch einen Gewinn erzielen müssen. Diese aber schieben es dann selbstverständlich auf das nächste Glied in der Kette weiter, nämlich den Unternehmer. Letzterer sieht sich dann fast gezwungen, den Auftrag weiterzuvergeben.

Dabei wäre es eigentlich einfach mit einer Praxis, die die einheimischen, regionalen und kantonalen Arbeitsplätze schützt, die Waren vor Ort herstellt, die zu Steuereinnahmen durch die Unternehmen und ihre ebenfalls steuerpflichtigen Angestellten führt, die Wartungen gewährleistet ... und schliesslich vielleicht auch die Preise beachtet. Man müsste die ungerechtfertigte Weitervergabe ganz einfach verbieten. Der Preis ist nur ein Faktor von vielen, er entsteht nie durch Zufall. Bei der Analyse einer Offerte sollte er nie mehr als 50 % ausmachen. Ohne diese Bedingung haben die anderen Kriterien keinen Sinn. Wer dies nicht versteht, oder nicht zugeben will, gleicht dem Vogel Strauss, der den Kopf in den Sand steckt!