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Lehre: Unwissende Eltern verhindern Karriere ihres Kindes

bausinn.ch fordert verstärkte Information für Eltern

 

Am gestrigen Mediengespräch von bausinn.ch stellten sechs ehemalige Absolventen einer Lehre im Bau ihren Karriereweg zum Unternehmer, zur Firmennachfolgerin, zum Schulleiter oder zum Bauführer vor. Die Trägerorganisationen von bausinn.ch – AM Suisse, Gebäudehülle Schweiz, der Schweizerische Baumeisterverband SBV, der Schweizerische Gerüstbau-Unternehmer-Verband SGUV, der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV und der Verein für Schweisstechnik SVS ­ – betonten, dass solche Laufbahnen im dualen Berufsbildungssystem der Schweiz der «Normalfall» sein könnten. Dass sie es noch nicht sind, liegt am Informationsdefizit von Eltern, Lehrpersonen und Jugendlichen. Dr. Josef Wiederkehr, Präsident des SGUV, begrüsste den aktuellen Vorschlag des Bundesrates, die Finanzierung der Berufsbildung ab 1.1.2018 zu stärken. Er forderte jedoch parallel verstärkte Information für Eltern zum dualen Berufsbildungssystem. Ihr Unwissen lenke den Nachwuchs in falsche Berufsrichtungen und verhindere Karrieren – mehr Geld für die Höhere Berufsbildung werde dies Problem nicht lösen.

 

Pro Jahr beenden rund 65’000 Jugendliche ihre Grundbildung mit einer Lehre. Rund 25’000 schliessen eine Weiterbildung mit einem eidgenössischen Diplom oder Fachausweis ab. Diese Abschlüsse betreffen die Berufsprüfung, die z. B. zum Werkstattleiter führt oder die Höhere Fachprüfung, wie heute die Meisterprüfung genannt wird. Die Abschlüsse entsprechen dem Uni-Pendant Bachelor und Master und erfolgen in der Regel nach einer mehrjährigen Weiterbildung.

 

Kadernachwuchs für die Digitalisierung im Bau

Die Baubranche mit ihren 327’000 Mitarbeitenden und 25’000 Lernenden kann pro Jahr rund 1’400 solcher Abschlüsse verzeichnen – doch in Anbetracht der anstehenden Digitalisierung im Bau sind es immer noch viel zu wenige. Deshalb waren Weiterbildungen und Karriere im Bau Thema des heutigen Mediengesprächs von bausinn.ch. Fazit der Trägerorganisationen: Eltern, Jugendliche, Lehrpersonen und die breite Öffentlichkeit kennen das heutige duale Berufsbildungssystem noch zu wenig. In ihren Köpfen sind noch veraltete Vorstellungen. Deshalb besuchen schulisch gute Jugendliche oft das Gymnasium und studieren u.a. zu Zehntausenden Psychologie, Politologie, Geisteswissenschaften oder Ethnologie – Berufe, für die es in der Schweiz zu wenig Arbeitsplätze gibt. Allein 2014 waren 21’000 Menschen mit einem Hochschulabschluss arbeitslos.

 

 

 

Vom Gleisbauer zum Herzchirurg

Wer dagegen eine Lehre im Bau in Angriff nimmt, kann heute zahlreiche Karrierewege einschlagen und findet attraktive Arbeitsplätze. Ihm oder ihr stehen viele Chancen offen. Hat beispielsweise ein Maurer neben oder nach der Lehre die Berufsmatura abgeschlossen, kann er sich anschliessend fit für das Universitätsstudium machen. Sie oder er besucht eine zusätzliche Weiterbildung – Passerelle genannt – und ist hinterher qualifiziert für jedes Studium. So könnte also auch ein Gleisbauer oder Pflästerer Chirurg oder Forscher an der ETH werden. Das gibt es so in keinem anderen Land. Dr. Josef Wiederkehr, Präsident der Trägerorganisation SGUV, erklärte am Mediengespräch von bausinn.ch: «Ich bin persönlich ein Beispiel für den Weg von der Lehre zum Hochschulstudium und Doktor. Die Lehre hat mir früh gezeigt, wie ich vom Plan zum Resultat komme und dass nichts ohne das passende Tun geschieht. Diese Erfahrung hat mich sehr geprägt und hilft mir heute in meinen Tätigkeiten als Unternehmer wie auch in der Politik.» Damit mehr Jugendliche eine Lehre als geeigneten Karrierestart sehen, erkennt Wiederkehr den Handlungsbedarf in der Finanzierung UND in der Information. Er meinte: «Der aktuelle Vorschlag des Bundesrates, ab 2018 die Finanzierung der Weiterbildung in der Berufsbildung zu stärken, ist begrüssenswert. Mit den zusätzlichen CHF 262 Mio., die in den Jahren 2017 bis 2020 für die Berufsbildung zur Verfügung stehen, wird die Gleichstellung der Berufsbildung weiter gefördert. Doch das allein reicht noch nicht. Vielmehr müssen Eltern, Jugendliche und Lehrpersonen ganz konkret wissen und verstehen, wie unser Berufsbildungssystem funktioniert. Sie müssen Beispiele erleben, wie erfolgreich Menschen mit der Lehre und der Weiterbildung sein können. Das sollte so früh wie möglich passieren und nicht erst, wenn die Kinder im Berufswahl-Alter sind. Hier sind die Medien gefordert wie auch die Verbände. Deshalb fordere ich verstärkte Informationen für Eltern zum dualen Berufsbildungssystem. Ausserdem sollte das duale Berufsbildungssystem in der Ausbildung von Lehrpersonen unbedingt stärker thematisiert werden. Migranten und Akademiker kennen das duale Berufsbildungssystem in der Regel gar nicht. Wer es kennt, mag durch Missverständnisse verblendet sein. Wenn Lehrer, wie das heute immer noch passiert, schulisch starke Kinder aus Prinzip in Richtung Gymnasium lenken und Eltern ihre Kinder auf die Matura trimmen, weil sie meinen, dass diese nur so Chancen im Leben haben, dann führen zusätzliche Finanzierungsanstrengungen nicht zum gewünschten Erfolg.»

 

bausinn.ch setzt sich für mehr Wertschätzung für die Schweizer Baubranche und für den Berufsstolz der Baufachkräfte ein. Die Baubranche trägt mit 6% zum BIP der Schweiz bei. 327'000 Mitarbeitende und 25’000 Lernende in über 50 Berufen leisten ihren Beitrag zur gebauten Schweiz. Trägerorganisationen von bausinn.ch sind: AM Suisse, Gebäudehülle Schweiz, der Schweizerische Baumeisterverband SBV, der Schweizerische Gerüstbau-Unternehmer-Verband SGUV, der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV und der Verein für Schweisstechnik SVS.

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